Absprungrate als stummer Protest – Was Recruiting von SEO lernen kann
Für Webseiten-Verantwortliche ist es ein Gesetz, die Absprungrate niedrig zu halten. Wenn Besucher schon auf der ersten Seite einer Website die Lust verlieren, ist etwas faul mit der User Experience, dann muss schnell nachgebessert werden. Recruiting-Verantwortliche könnten sich hier durchaus etwas abschauen.
Attrakvitität senkt die Absprungrate
Sieht man den Bewerber als User im Recruiting-Prozess, lässt sich der Begriff der Absprungrate ziemlich gut 1:1 übertragen Auch im Recruiting gilt: sind die Nutzer, also die Wechselwilligen, erst einmal weg, ist der Zug abgefahren: ein Zurück gibt es nicht. Da helfen nur proaktive Maßnahmen, den ersten Eindruck für die Zukunft besser zu gestalten. Schließlich wird die Gruppe der möglichen Bewerber dank des demografischen Wandels immer kleiner – umso wichtiger ist die niedrige Absprungrate.
Was SEO kann, muss Recruiting auch lernen. Situationen gibt es schließlich genug, an denen abgesprungen werden kann: Beispielsweise beim ersten Lesen der Stellenanzeige, nach dem Vorstellungsgespräch, rund um die Vertragsunterschrift. Anhand dieser drei Beispiele will ich Gefahr und Optimierungsmaßnahmen erläutern.
Stellenanzeige und Absprungrate
Stellenanzeigen sind immer wieder nach dem gleichen Muster gestrickt, der Inhalt folgt einem festen Schema. Wirklich ansprechend sind sie eigentlich nur selten, das Lesen macht nicht wirklich Spaß. Kein Wunder, dass ihre Gestaltung eine hohe Wirkung auf die Absprungrate hat. Zwar wirkt der Titel informativ und spricht die richtigen Bewerber an. Viele Details, die Bewerber binden könnten, fehlen. Oft bleiben entscheidende Details ganz außen vor, deren Fehlen wirklich geeignete Bewerber ausschließen
Um die Absprungrate schonin der Stellenanzeige zu senken, helfen einfache Maßnahmen. Ein Beispiel: Ein Jobinserat, überschrieben mit „IT-Projektleiter(in)“ schweigt dazu, ob die Position innerhalb eines Teams angesiedelt ist oder das Thema weitgehend allein verantwortet, die gewünschte Erfahrung wird auf die Angabe einer Dauer reduziert (3-5 Jahre) statt anzugeben, ob beispielsweise bestimmte Methodenkenntnis erwartet wird. Auch hierarchische Einbettung und Berichtslinie fehlen oft. Die Absprungrate sinkt, wenn Hinweise dieser Art gegeben werden.
Vorteil für den Recruiting-Prozess: Weniger unpassende und ein höherer Anteil an wirklich treffenden Bewerbungen reduzieren den Sichtungsaufwand und verkürzen den Entscheidungsprozess.
Nach dem Vorstellungsgespräch
Neben dem Idealkandidaten gibt es in der Regel einen Kreis an Bewerbern, die genügend Potenzial für eine gute Besetzung mitbringen, falls es nicht zu einer Vertragsunterschrift des Idealkandidaten kommt. Es zahlt sich aus, zu diesen Bewerbern während der Bewerbungsphase den Kontakt zu halten, um die Absprungrate zu senken. Sonst haben sich infrage kommenden Personen in der Zwischenzeit oft schon anders orientiert, so dass eine Besetzung ohne teure Zwietausschreibung nicht erfolgen kann.
Klares Feedback an die Bewerber der zweiten Wahl schafft Abhilfe und senkt die Absprunggefahr: Terminierung einer definitiven Rückmeldung, Kontakt halten und Einhalten des genannten Termins – notfalls mit Vertröstung.
Der Recruiting-Prozess profitiert, denn eine Neuausschreibung ist allemal aufwändiger und teurer als konsequentes Vermeiden einer hohen Absprunggefahr.
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