Digitalisierung braucht ein anderes Recruiting

Wenn es um die Einstellung von Mitarbeitern geht, dann geht es immer auch um die Zukunft des Unternehmens. In der Digitalisierung ist das nicht anders als bisher. Recruiting bedeutet deswegen immer auch eine ganze Menge Risiko.

Um dieses Risiko zu minimieren, stecken Recruiter eine ganze Menge Energie in den Auswahlprozess. Genau genommen sezieren wir die Vergangenheit von Bewerbern bis ins kleinste Detail, damit am Ende nur einer übrig bleibt: der totsicher optimale Kandidat. Diese Rechnung ist bislang ganz gut aufgegangen. Aber wir haben sie ohne die Digitalisierung gemacht. Digitalisierung verändert den Prozess der Personalauswahl, sie verändert das Recruiting. Schlimmer noch, sie wirft den ganzen schönen Blick in die Vergangenheit über den Haufen. 

 

Was macht Digitalisierung anders?

Digitalisierung bedeutet zuerst einmal die Vernetzung von Mensch und Maschine. In der Produktion ebenso wie in der Dienstleistung, im Innenverhältnis wie auch im Umgang mit Kunden verzahnen sich beide eng miteinander. Das hat Folgen: Technische Innovationen wirken viel unmittelbarer auf die Arbeitswelt, die Halbwertszeit von Wissen sinkt noch schneller.

Wo früher Entscheidungen von Vorgesetzten kamen, treffen Mitarbeitern sie nun autonom oder im Team. Einerseits wird die Produktion flexibler, andererseits nimmt die Bedeutung des Arbeitsortes ab. Nicht nur 3D-Drucker eröffnen ganz neue Möglichkeiten, Kundenwünsche fließen dort ein, wo bisher langatmige Produktdesign-Prozesse durchlaufen werden mussten. Plötzlich sind es ganz andere Kriterien, die einen Mitarbeiter zum Leistungsträger machen. Wenn sich die Arbeitswelt wie gerade jetzt mit der Digitalisierung neu aufstellt, verkommt der Analogieschuss aus der Vergangenheit schnell zum Trugschluss.

 

Digitalisierung braucht eine neue Recruiting-Perspektive

Die Digitalisierung verändert Personalberatung zwar nicht komplett, die Bedeutung von Fertigkeiten, Wissen und Persönlichkeit werden aber gründlich neu gemischt. Es kommt darauf an, die Hintergründe der Berufserfahrung zu beleuchten: Was sind die treibenden Kräfte hinter den beruflichen Erfolgen?  Es geht nicht darum, WAS jemand geleistet hat, sondern WARUM er erfolgreich wurde. Erst das Warum lässt den Transponieren aus der Vergangenheit auf die digitale Zukunft zu. Im Einzelnen heißt das:

  • Denken vom Endkunden aus braucht Empathie und Resilienz
  • Wer interdisziplinär und vernetzt arbeiten und im Team denken will, muss zu Kooperation und Selbstorganisation fähig sein
  • Teamstrukturen, die sich der jeweiligen er Aufgabenstellung anpassen, funktionieren nur, wenn sie aus mental beweglichen und kommunikationsstarken Menschen bestehen
  • Damit Entscheidungen in Teams getroffen werden können, müssen ihre Mitglieder Durchsetzungskraft und Kompromissbereitschaft gleichermaßen mitbringen
  • Ein kooperativer, visionärer Führungsstil wird gebraucht, um im Team für Motivation und Rückenfreiheit zu sorgen

 

Digitalisierung verändert das Recruiting

Das ist zwar alles nicht neu, aber in der von Digitalisierung geprägten Arbeitswelt werden soziale und kognitive Kompetenzen noch viel wichtiger sein als heute. Wer eine Aufgabe in der analogen Welt erfolgreich gestemmt hat, kann das auch in Zukunft tun – vorausgesetzt, das individuelle Kompetenzprofil passt in die digitalisierte Arbeitswelt. Arbeitszeugnisse und Projektreferenzen laufen dann schnell ins Leere. Wenn HR-Verantwortliche das nicht berücksichtigen, übrigens bei der Personalentwicklung genauso wie im Recruiting, dann schießt der ganze schöne Vierpunktnull-Invest ins Leere.  

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